Zwei Welten: Lich beschließt Haushaltssperre und Hungen 5 Millionen neue Ausgaben?
Die Rathäuser in Lich und Hungen trennen nur knapp 10 km Luftlinie, aber zwischen der Einschätzung zur jeweiligen Haushaltslage scheinen Welten zu liegen. Während die Licher Stadtverordneten aufgrund des drohenden Wegfalls von 2 Millionen Euro Steuereinnahmen bereits im Juni eine Haushaltssperre verhängt und geplante Investitionen verschoben haben, wurde in Hungen noch ohne Einschränkungen der Beschluss für den Stadtumbau (ISEK) mit geplanten Kosten von 15 Millionen Euro gefasst, wovon ein Drittel aus dem städtischen Haushalt beglichen werden müsste.
Es war lobenswert, dass im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung die Hungener Bürger bei Workshops und Projekten eingebunden wurden, um eigene Ideen und Vorschläge einzubringen. Dadurch sind wichtige Themen in den Fokus gerückt, die sonst keine oder nur kaum Beachtung gefunden hätten. Pro Hungen fordert, dass auch bei der Umsetzungs- und Finanzierungsfrage die Bürger transparent informiert und eingebunden werden. Bisher wurden die Kosten der einzelnen Projekte nicht öffentlich diskutiert, obwohl sich selbst die Stadtverordneten über die hohen Zahlen überrascht zeigten.
Beim teuersten Einzelprojekt „Darmstädter Hof“, wofür alleine 3,1 Millionen Euro Investitionen geplant sind und die Steuergelder zudem ohne Gegenwert für die städtische Bilanz in Stiftungseigentum übergehen sollen, zeigte sich auch Fraktionsvorsitzender der Grünen Wolfgang Macht zuletzt skeptisch, ob Hungen überhaupt einen weiteren Kultursaal mit Kapazität für 300 Besucher benötigt. Neben den einmaligen Belastungen für den Haushalt von mindestens 150.000 Euro, die Bürgermeister Wengorsch für die Stadt Hungen nannte, sind die laufenden Kosten und deren Finanzierung noch unklar. Bereits das Kulturzentrum wird jährlich mit etwa 65.000 Euro bezuschusst und bietet im großen Saal Platz für über 100 Besucher - zusätzlich zu den Sälen der Dorfgemeinschaftshäuser und der Stadthalle. Wie kann sichergestellt werden, dass die laufenden Kosten (im Raum stehen bereits 15.000 Euro Miete zzgl. Nebenkosten) nicht zusätzlich den städtischen Haushalt belasten?
Angesichts des bestehenden Schuldenbergs von ca. 30 Millionen Euro – trotz bereits erfolgter Schuldenübernahme in Millionenhöhe durch die Hessenkasse sowie eine Auslagerung von weiteren Millionenschulden in die Stadtwerke - und dem zu erwartenden Einbruch von Steuereinnahmen in 2020 / 2021 - scheint es nachteilig zu sein, dass die Empfehlungen der Wirtschaftsprüfer aus dem Jahre 2013 nicht befolgt wurden. Damals wurde angeraten, das Haushaltssicherungskonzept auf die zur Konsolidierung erforderlichen Sachverhaltsbeschreibungen zu konzentrieren und die jeweiligen Einsparpotenziale für die nächsten fünf bis zehn Jahre darzustellen - auf die man nun zugreifen könnte. Allerdings wurde dies laut Wirtschaftsprüfern auch fünf Jahre später nicht umgesetzt, wie der Schlussbericht von 2019 nahelegt. Der hessische Rechnungshof bemängelt zudem, dass in den vergangenen Haushaltssicherungskonzepten konkrete und im Finanzvolumen definierte Maßnahmen fehlen, um das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts erreichen zu können. Wie kann auf dieser wackeligen Basis nun also den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie begegnet werden?
Pro Hungen lädt interessierte Bürger herzlich ein, im Arbeitskreis „Haushalt“ (und natürlich auch bei weiteren Themengebieten) anlässlich der bevorstehenden Kommunalwahl 2021 mitzuwirken. Weiterführende Informationen finden sich demnächst auf der Webseite, Anfragen können an info(at)pro-hungen.de gerichtet werden.
Quellenangabe: Kommunalbericht 2019 (Hessischer Rechnungshof)