Gewerbepark Hungen-Süd: Nein zu Logistikern, Hungen kann mehr!

Der Vergleich des geplanten Gewerbeparks in Hungen-Süd und der Langsdorfer Höhe in Lich mag nicht in jedem Punkt stimmig sein, aber neben der räumlichen Nähe sind die Zahlen doch erschreckend ähnlich: Beide Gebiete haben eine Fläche von rund 21 ha (= 210.000 m²) und wurden im ersten Bebauungsplan mit Geschosshöhen bis zu 20 m ausgewiesen.

Die Bauleitplanung für dieses Mammut-Projekt wurde am 01.05.2020 von Bürgermeister Wengorsch im Namen des Magistrats unterzeichnet und basierend auf dieser ersten Planung ein Planungsbüro mit der Durchführung des Bauleitplanverfahrens beauftragt. Grundlage dazu ist der einstimmig von allen bisherigen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung aus Freie Wähler, CDU, SPD und Grünen gefasste Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbepark Hungen-Süd“ in der Sitzung vom 14.11.2018. Mittlerweile - insb. nach Bekanntwerden der Pläne von Bürgermeister Wengorsch zur Ansiedlung eines Logistikers - haben sich die Hungener Grünen von diesen Planungen distanziert.

Pro Hungen spricht sich deutlich gegen die Ansiedlung großflächiger Logistik- und Rechenzentren aus, die wenig Wertschöpfung und Personaleinsatz mit hohem Flächenverbrauch kombinieren. Die ursprünglich verfolgten Ziele, insbesondere mittelständische Unternehmen des heimischen Raumes anzusprechen, scheint völlig aus den Augen verloren zu sein. Es steht in klarem Widerspruch dazu, die für Jahrzehnte der mittelständischen Entwicklung angedachten Flächen nun ausländischen Logistikern anzubieten und hochwertige Ackerböden in der Größe von rund 15 Fußballfeldern binnen kürzester Zeit und auf einen Schlag unwiderruflich zu versiegeln.

Es ist daher höchste Zeit, dass sich die Bürger Hungens mit diesem Projekt auseinandersetzen und ihre Meinung einbringen, bevor es „zu spät“ ist – in diesem Punkt unterscheidet sich der Gewerbepark Hungen-Süd nämlich deutlich von der Langsdörfer Höhe: Bisher wurde noch kein rechtskräftiger Bebauungsplan aufgestellt, kein Bauland verkauft, keine Verträge mit Logistikern abgeschlossen. Was die Licher Bürger nicht mehr können, haben die Bürger Hungens in der Hand. Die finalen Entscheidungen über dieses Projekt fallen erst nach der Kommunalwahl 2021 und die Mehrheitsverhältnisse im Stadtparlament bestimmen die zukünftige Ausrichtung Hungens. Wollen wir länger an einem Unterbietungswettkampf der ländlichen Kommunen teilnehmen, wer seine wertvollen Böden für das billigste und größte Bauland in Autobahnnähe bereitstellt? Oder wollen wir durch eine intelligente Steuerung des Angebots und den Aufbau weiterer Standortfaktoren zukunftsfähige und moderne Unternehmen als langfristige Partner für die Stadtentwicklung gewinnen?

Wir sagen NEIN zu Logistikern! Hungen kann mehr!

Die Versiegelung von landwirtschaftlich genutzter Fläche für Projekte dieser Größenordnung kostet die Hungener Bevölkerung und nachfolgende Generationen in vieler Hinsicht Lebensqualität. Sei es durch eine Abnahme der Biodiversität, gestiegene Lärmemissionen, erhöhtes Verkehrsaufkommen oder schlichtweg einem Verlust von Landschaft durch Megabauten – hier sogar in direkter Nähe zum Naherholungsgebiet Trais-Horloffer/Inheidener See. Die Ausweisung eines Gewerbegebietes muss immer auch einen langfristigen Nutzen für die Bevölkerung stiften, insbesondere durch hochwertige Arbeitsplätze, eine Belebung der Region und nicht zuletzt Gewerbesteuereinnahmen.

Die Beispiele in näherer Umgebung machen deutlich, dass großflächigen Betriebe diese Erwartungen nicht erfüllen. Im Gewerbegebiet „Rechtenbacher Hohl“ in Lützellinden wurden bei einem Flächenverbrauch von 300.000 m² nur 91.500 Euro Gewerbesteuer in 2019 erwartet und auch die Hoffnungen auf Ausbildungs- und hoch qualifizierte Arbeitsplätze wurden durch das angesiedelte Logistikunternehmen und einem Dämmstoffproduzent nicht erfüllt. Der ortsfremde Mieter des Langsdorfer Logistikzentrums mit 95.000 m² Fläche zahlt in Lich per se gar keine Gewerbesteuer und von den geplanten 500 Arbeitsplätzen dürfte ein Großteil im Niedriglohnbereich angesiedelt sein. Auch sind in keinem anderen Wirtschaftszweig so viele Leiharbeiter beschäftigt wie in der Logistikbranche, so dass langfristig gesicherte Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung ebenso fehlen.

Hungen kann mehr. Die zukünftige Entwicklung der Stadt liegt in den Händen der Bürger, am 14.03.2021 finden Kommunalwahlen statt und damit die Weichenstellung für alle politischen Entscheidungen bis zum Jahr 2026 und darüber hinaus – darunter mit Hungen-Süd und Hungen-West die flächenmäßig größten Projekte seit Jahrzehnten. Damit wird die Wahl im nächsten Jahr zum Scheideweg für Hungens Zukunft.